Der Zwist um die Neuordnung des Kontozugriffs per 14. September durch die Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 ist derzeit in aller Munde. Da kann schnell in den Hintergrund geraten, dass es nicht einmal drei Wochen später mit einem Vorhaben von ungleich größerer Tragweite ernst wird: der Reform von Eonia, dem Benchmark-Satz für Übernachtausreichungen.

Am 2. Oktober wird die Berechnungsweise auf jene des Nachfolgers Estr umgestellt, ab 2022 dann wird Eonia nicht mehr publiziert. Auf dem Spiel steht bei der Reform letztlich nicht weniger als die Funktionsfähigkeit des Marktes - was ist schon die Frage des Kontozugangs durch Drittanbieter im Zahlungsverkehr gegen 22 Bill. Euro, die allein in Form von Derivatekontrakten am Eonia hängen und nun auf den künftigen Referenzzinssatz Estr umzustellen sind?

Einen guten Teil des Drucks, der für den Markt und die Banken mit der Umstellung einhergeht, nahm die EU fraglos im Februar heraus, als sie die Umsetzungsfrist um zwei Jahre bis Ende 2021 verschob. Eonia und Estr allein zwischen 2. Oktober und 31. Dezember 2019 parallel zu publizieren, hätte den Marktteilnehmern wohl zu wenig Zeit gelassen, die Benchmark zu wechseln, und ohne Not gravierende Risiken heraufbeschworen. Dass die Reform ungeachtet des Aufschubs bei der Aufsicht ganz weit oben auf der Agenda steht, zeigen die Brandbriefe, in denen Behörden allerorten zuletzt von Banken Übergangspläne und Namen von für den Wechsel zuständigen Managern angefordert haben.

Im Zuge der Reform, in deren Folge der Übernachtsatz nicht mehr am Abend des Transaktionstages, sondern erst am Morgen danach feststehen wird, gibt es noch viele offene Fragen. Eine der wichtigsten versucht die von der Europäischen Zentralbank initiierte Arbeitsgruppe nun aus dem Weg zu räumen. Am Montag hat sie die Zentralen Gegenparteien aufgefordert, den Übergang nicht nur koordiniert, sondern möglichst schon zum Ende des zweiten Quartals 2020 anzugehen. Wenn Häuser wie LCH und Eurex Clearing vorangehen, wird der breite Markt folgen, lautet das Kalkül. Anschließend blieben noch 18 Monate, um etwaige Probleme bei IT-Anpassungen anzugehen, Verträge mit Gegenparteien neu zu fassen oder Rechtsrisiken zu eruieren.

Damit die Reform glückt, braucht es allerdings nicht nur das Entgegenkommen der Zentralen Gegenparteien, sondern vor allem am Sekundärmarkt Liquidität in dem neuen Referenzzinssatz - und am Primärmarkt eine Adresse, die sich mit einer großen Emission auf Estr-Basis an den Markt traut.¹

Listen mit TAN-Nummern auf Papier gehören bald endgültig der Vergangenheit an; bei der Zahlung mit Kreditkarte müssen Kunden künftig zwei Nachweise erbringen, dass sie der rechtmäßige Besitzer der Karte sind. Und Drittanbieter können künftig leichter über Schnittstellen auf Bankdaten zugreifen - sofern der Kunde zugestimmt hat. Der Grund für diese Änderungen: Ab 14. September dieses Jahres treten weitere Regeln der Bankenrichtlinie PSD2 in Kraft. Der gemeinnützige Verbraucher-Ratgeber Finanztip hat die Richtlinie unter die Lupe genommen und erklärt, was auf Bankkunden zukommt.

Verbraucher müssen künftig jede elektronische Zahlung zweifach anweisen, zum Beispiel beim Bezahlen mit Kreditkarte im Internet. Für die sogenannte starke Kundenauthentifizierung ist eine Kombination aus Wissen (z. B. Passwort), Besitz (Kreditkarte oder Smartphone) sowie Verhalten und persönlichen Merkmalen (Fingerabdruck) vorgeschrieben. „Ausnahmeregeln zum einfacheren Bezahlen können bei kleinen Summen unter 30 Euro oder risikoarmen Zahlungen gelten“, erklärt Josefine Lietzau, Bankexpertin bei Finanztip. „Wer einem Händler vertraut, kann das seiner Bank mitteilen und den Anbieter auf eine sogenannte Whitelist setzen - das senkt womöglich die Zahl der doppelten Authentifizierungen.“

Doppelter Nachweis bei Kreditkartenzahlung

Bei Zahlungen mit Kreditkarte reicht zukünftig nicht mehr die Kartennummer aus; es wird zusätzlich ein zweiter Nachweis, beispielsweise eine PIN-Nummer abgefragt. Die Banken setzen diese Vorgabe in der Regel über das sogenannte 3D-Secure-Verfahren um. Lietzau: „Das 3D-Secure-Verfahren soll die Zahlungen sicherer machen, da geprüft wird, ob der Zahlende tatsächlich der Besitzer der eingesetzten Karte ist.“ Tipp: Bereits seit einigen Monaten muss das Zahlen mit Kreditkarte im Internet kostenlos sein. Verlangt ein Anbieter trotzdem noch Gebühren, können Verbraucher ihn bei den Marktwächtern der Verbraucherzentralen melden.

Gedruckte TAN-Listen verschwinden

Banken dürfen laut der neuen Richtlinie das sogenannte iTAN-Verfahren - die gedruckten Listen mit TAN-Nummern - nicht mehr anbieten. „Eine TAN muss künftig in dem Moment generiert werden, in dem eine Zahlung ausgelöst wird“, sagt Lietzau. Bei einigen Verfahren ist das bereits gegeben: Als am sichersten gilt die HBCI-Variante mit Lesegerät und Chipkarte, bei der die Überweisung verschlüsselt an die Bank gesendet wird. Die bequemste Variante ist für viele Verbraucher das push-TAN-Verfahren, bei der die TAN aufs Smartphone gesendet wird und in der App automatisch in die Maske für Überweisungen eingetragen wird.

Drittanbieter können mit Kundenerlaubnis auf Bankdaten zugreifen

Die Bankenrichtlinie schafft außerdem neue Möglichkeiten für Verbraucher: „Banken müssen künftig Schnittstellen bereitstellen, über die Drittanbieter auf die Daten der Kunden zugreifen können“, weiß Lietzau. Diese Öffnung der Banken soll Innovationen ermöglichen. „Wer beispielsweise eine App als Haushaltsbuch nutzen möchte, kann dem Anbieter Einsicht in die Kontoabbuchungen geben und muss nicht selbst alle Kostenpunkte in die App eintippen.“ Die Drittanbieter werden von der Bafin und der Bankenaufsicht kontrolliert und zugelassen.²

¹Bernd Neubacher - Börsen-Zeitung ²Finanztip Verbraucherinformation gemeinnützige GmbH

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